BVB-Trainer Jürgen Klopp: „Das war nahe an der Perfektion“

Vollgasfußball wie in den besten Zeiten: Auch ohne acht Stammkräfte feiert Borussia Dortmund gegen den FC Arsenal einen Traumstart in der Champions League.

Das war so ein Abend, an dem einfach alles passte. Jedes Detail: Herrlicher Spätsommer, fantastische Stimmung im früheren Westfalenstadion, eine Riesenpartie des BVB – und beim 2:0-Erfolg über den vermeintlichen Gruppenfavoriten FC Arsenal auch das perfekte Ergebnis aus Dortmunder Sicht. Selbst scheinbar unpassende Aspekte wirkten auf ihre Art plötzlich schlüssig.

Etwa, dass Jürgen Klopp erstmals in der Champions League nicht mit Schlips und Anzug am Rande stand, sondern im gewohnten Bundesliga-Schlabberlook mit Hoodie und Jogginghose. Übersetzt heißt das vermutlich nichts anderes als: Feiertage in der Königsklasse sind bei Borussia Dortmund Alltag geworden.

Schmelzer und Großkreutz frusten Özil
Dabei war es für die Gala-verwöhnten Dortmunder in jeder Hinsicht ein außergewöhnliches Fußballspiel. „Das war nahe an der Perfektion heute“, berauschte sich der BVB-Coach nach der Partie an der Leistung der eigenen Mannschaft. Wie schon lange nicht mehr schafften es die Schwarz-Gelben, über Pressing und Gegenpressing einen von den Namen her vermutlich sogar besser besetzten Gegner so unter Dauerdruck zu setzen, dass dieser darunter schließlich zerbrach. Genau mit diesem Rezept hatte der BVB seit den ersten beiden Meisterjahren unter Klopp zum Höhenflug angesetzt. „Das ist das Spiel, so wie es mir gefällt. Diese Partie hefte ich mir ab“, sagte der Coach, dem im dritten Anlauf gegen den Dauerrivalen Arsenal nun endlich der erste Heimsieg gelang.

„Die Dortmunder haben gezeigt, dass sie keinen Ball verlieren wollten. Das war teilweise eine Lehrstunde“, sagte Per Mertesacker nach der Niederlage seiner Gunners beeindruckt. Trotz der beiden Gegentore durch die Matchwinner Ciro Immobile kurz vor, und Pierre-Emerick Aubameyang kurz nach der Pause, gehörte der Londoner Abwehrchef noch zu den besseren Gunners. Er agierte jedenfalls ansprechender als Weltmeister-Kollege Lukas Podolski, der erst spät eingewechselt wurde und wirkungslos blieb, und sogar deutlich besser als DFB-Spielmacher Mesut Özil, der sich am Duo Marcel Schmelzer/Kevin Großkreutz auf der linken Dortmunder Abwehrseite die Zähne ausbiss und nach gut einer Stunde gefrustet den Platz verließ.

“Ich gebe Poldi einen Döner aus, dann passt’s”
Der BVB hatte die Gäste von Beginn an im Griff und ließ über die gesamten neunzig Minuten nicht mehr locker. Das war durchaus erstaunlich, da den Dortmundern das traditionelle Verletzungspech treu blieb. Kurz vor der Partie fiel noch Lukasz Piszczek mit Oberschenkelproblemen aus. Auch der Einsatz von Shinji Kagawa, am Wochenende noch der große Comeback-Held in der Bundesliga, war offenbar ein zu großes Risiko. Nicht weniger als acht potentielle Stammspieler saßen also angeschlagen auf der Tribüne oder auf der Bank, die zudem mit den U23-Spielern Jannick Bandowski und Mustafa Amini aufgefüllt werden musste. In der Halbzeit verabschiedete sich zudem Sebastian Kehl mit starken Schmerzen an den Adduktoren, für ihn sprang Neuzugang Matthias Ginter in die Bresche.

Für die Dortmunder trotzdem alles kein Problem. „Da sieht man mal, was wir für eine geile Mannschaft haben“, sagte Kevin Großkreutz trotzig, und so ganz falsch scheint er da auch nicht zu liegen. Der Ur-Borusse konnte sich den Brustton der Überzeugung leisten, denn er selbst ging mit bestem Beispiel gegen Arsenal voran. Der Allrounder war überall auf dem Platz zu finden, stopfte Lücken in Mittelfeld und Defensive, er half nach Schmelzers Auswechslung in der Abwehrkette aus. Und powerte wie wild nach vorne. Die Tunnel-Wette gegen seinen Buddy Podolski verlor der Marathonmann zwar, trug diese persönliche Niederlage, dem früheren Kölner nicht den Ball durch die Beine gespielt zu haben, aber mit Fassung: „Ich gebe ihm jetzt einen Döner aus, dann passt das.“ Die ernsten und wichtigen Duelle auf dem Platz gewann Großkreutz aber, so vorm zweiten Treffer, der den Deckel auf die Partie machte.

Ähnlich fleißig war Sven Bender, der trotz der vielen Ausfälle beim BVB in der Bundesliga bislang nicht viele Einsatzminuten bekam. „Manni“ machte nun den Eindruck, als müsse er in einer einzigen Partie verpasste Kilometer und ungespielte Pässe aufholen, um seinen Jahresschnitt zu halten.

“Miki, heute brauchten wir deine Toren nicht”
Insgesamt sprangen für den BVB stolze 24:4 Torschüsse raus, elf Kilometer hatte Dortmund schließlich mehr auf dem Tacho als Arsenal. Das war Vollgasfußball wie in besten Zeiten, und das Team von Trainer Arsene Wenger war mit zwei Gegentoren vermutlich noch gut bedient. Allein Henrich Mchitarjan hatte zwei weitere Riesenchancen, das Ergebnis weiter hoch zu schrauben. Aber vermutlich passte auch dieses Detail in den perfekten Abend der Westfalen: „Ich habe Miki gesagt, heute brauchten wir seine Tore nicht“, erklärte Klopp später. „Er soll die schießen, wenn sie wirklich nötig sind.“

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