Sensation gegen Gladbach: Bielefeld feiert „denkwürdigen Pokalabend“

Entscheidung per Elfmeterkrimi: Drittligist Arminia holt sich auch den Skalp des Favoriten Borussia Mönchengladbach und zieht ins Halbfinale des DFB-Pokals ein.

Um 21.40 Uhr brach auf der Bielefelder Alm endgültig die Hölle los. Torhüter Alexander Schwolow hatte gerade das Nervenduell mit Ibrahima Traore gewonnen und den entscheidenden Ball pariert: 6:5 nach Elfmeterschießen gegen Borussia Mönchengladbach. Ende! Aus! Die Arminia steht zum dritten Mal in der Vereinsgeschichte im Halbfinale des DFB-Pokals.

Die gesamte Belegschaft des Drittligisten lief jubelnd auf den Keeper zu, auf den Rängen tobten die Fans, als gelte es, eine Meisterschaft zu feiern. „Das ist ein denkwürdiger Abend für uns alle“, sagte Norbert Meier glücklich. Der Trainer des Außenseiters war zu Recht ziemlich stolz auf sein Team: „Ein Riesenkompliment an meine Mannschaft, die heute alles aus sich herausgeholt hat.“

“Gegen Arminia kann man mal verlieren”
Die Party auf den Rängen wollte gar nicht mehr aufhören. Nicht einmal ein Jahr nach dem bitteren Abstieg aus der 2. Bundesliga durch das längst legendäre Relegations-Rückspiel gegen Darmstadt 98 feierten die Bielefelder nun schon zum dritten Mal an gleicher Stelle einen Pokalerfolg über einen Bundesligisten. Vorher hatten Hertha BSC und Werder Bremen dran glauben müssen. Halbfinalgegner VfL Wolfsburg wird sicherlich mit einer gehörigen Portion Respekt die Reise nach Ostwestfalen antreten. Nicht auszudenken was passiert, wenn am 29. April der Sieger erneut Arminia heißt.

Einen Eindruck davon gab es gegen Gladbach: „Alle auf den Zaun“, forderten die stimmgewaltigen Fans der Arminia, welche die berühmte Alm schon in der regulären Spielzeit und in der Verlängerung in ein Tollhaus verwandelt hatten. Die Mannschaft ließ sich nicht lange bitten und sang mit dem Anhang auf der Südtribüne die gesamte Pokal-Liturgie rauf und runter. Vom obligatorischen „Berlin, Berlin…“ bis hin zum Klassiker „Gegen Arminia kann man mal verlieren.“ Für die sensationell gescheiterte Borussia war das kein Trost.

Gladbachs Trainer Favre tief enttäuscht
Der große Favorit kam schließlich mit breiter Brust: Dritter in der Bundesliga mit Kurs auf die Königsklasse, zuletzt gelang ein toller Sieg beim FC Bayern. Doch in Bielefeld war davon kaum etwas zu sehen. Merkwürdig zurückhaltend ging das Team von Trainer Lucien Favre zu Werke. Auf den Führungstreffer der Gastgeber durch Manuel Junglas, der mit einem Drehschuss von der Strafraumgrenze erfolgreich war (26.), antworteten die Fohlen zwar umgehend und kamen nur sechs Minuten später durch den von Max Kruse sicher verwandelten Handelfmeter zum Ausgleich. Doch danach blieb Gladbach unerklärlich blass.

In der regulären Spielzeit kam die Borussia zu einer einzigen Großchance: Roel Brouwers Kopfball in der 87. Minute senkte sich auf die Querlatte des Bielefelder Tores. In der Verlängerung schossen die Joker Traore und Raffael gegen leidenschaftlich verteidigende Bielefelder zwei Mal halbwegs gefährlich aufs Tor – das war‘s, schließlich musste die Elfmeterlotterie entscheiden. „Wir sind viel gelaufen, aber im Ballbesitz haben wir oft die Orientierung verloren. Wir haben einfach zu wenig Torchancen herausgespielt“, kritisierte der Gästetrainer und machte aus seinem Herzen keine Mördergrube: „Wir sind tief enttäuscht.“

Meier: “Ganz Bielefeld feiert, aber ich geh nach Hause”
Favre steht nun vor der schwierigen Aufgabe, die Blamage schnell wieder aus den Köpfen seiner Spieler bekommen zu müssen. „Wir haben nur 2 1/2 Tage Zeit, das Spiel zu verdauen“, sagte der Coach, für dessen Mannschaft es schon am Samstag in der Liga gegen Borussia Dortmund zur nächsten Bewährungsprobe kommt.

Ein ganz anderes Bild bietet sich in Ostwestfalen, da sollte man Norbert Meiers Aussagen nicht auf die Goldwaage legen. „Ganz Bielefeld wird jetzt feiern. Aber ich geh nach Hause und schau mir unseren nächsten Gegner Dynamo Dresden auf DVD an. Und die Spieler sind bei mir“, sagte der Arminia-Trainer staubtrocken. Der frühere Bundesliga-Coach will sein Team schließlich als Spitzenreiter der 3. Liga unbedingt auf Aufstiegskurs halten.

Aber ganz im Ernst: Das eine oder andere Bier wird nach dem sensationellen Halbfinaleinzug sicher auch im Spielerkreis geköpft.

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