Dortmund schmeißt die Adrenalipumpe an


Zum Auftakt der 50. Bundesligasaison setzt Meistertrainer Jürgen Klopp wieder voll auf Herz, Leidenschaft und Vollgasfußball beim BVB – auch um einige Probleme zu überspielen.

Stolze 50 Tage hat sich Borussia Dortmund auf die Jubiläumssaison der Bundesliga und die Titelverteidigung vorbereitet. Eine Ewigkeit im modernen Fußball. Und doch scheint der Auftakt gegen Bremen etwas zu früh zu kommen für den Doublesieger. So appelliert Trainer Jürgen Klopp vor dem Auftakt gegen die Wundertüte Werder ungewohnt deutlich an die Einsatzbereitschaft beim Meister. „Hoffentlich steckt in den gelben Trikots dieselbe Mannschaft mit demselben Herz und derselben Leidenschaft wie in der vergangenen Saison.“ Der Coach will sein Team mit einer Großdosis Adrenalin für die neuen Ziele anfixen.

Aktuelle BVB-Rechnung noch mit einigen Unbekannten
„Wir sind heiß darauf, das tolle Dortmunder Stadion nach über drei Monaten Fußballpause wieder mit Leben zu füllen“, kündigt Klopp an und setzt zudem auf Starthilfe durch die eigenen, begeisterungsfähigen Anhänger im pickepacke vollen früheren Westfalenstadion: „Hoffentlich sind die Fans gleich wieder im Wettkampfmodus. Jeder gewonnene Zweikampf wird bejubelt wie ein Tor: Das waren wir im letzten Jahr. Und das würde auch jetzt wieder einen Schub geben.“ Den kann die Borussia trotz aller eigenen Stärke gebrauchen, weil die aktuelle BVB-Rechnung noch mit einigen Unbekannten versehen ist.

“…sonst könnte es ja jeder”
So ist schwer einzuschätzen, wie nah die Dortmunder Abwehr schon wieder am gewohnten Topniveau ist. In der Vorbereitung hatte der BVB zu Lernzwecken ein anspruchsvolleres Testprogramm absolviert, dabei aber viele Tore kassiert. Bei der Niederlage im Supercup in München mussten sich die Fans der Schwarz-Gelben sogar eine Halbzeit lang echt Sorgen machen. Weil die Nationalspieler Mats Hummels und Marcel Schmelzer nach der EM erst spät ins Training einstiegen, läuft der Meister hier sichtbar hinter Plan her. „Wenn Eingespieltheit kein Kriterium für eine Abwehr wäre, könnte es ja jeder“, sagt Klopp lapidar und fordert auch hier Vollgasfußball: „Wir müssen uns alles abverlangen.“ Das gilt umso mehr, sollte Lukasz Piszczek ausfallen. Den Rechtsverteidiger plagt eine Muskelverhärtung, sein Einsatz entscheidet sich wohl erst kurz vor Anpfiff. Dabei ist er so wichtig für das Dortmunder Spiel. Defensiv natürlich, aber auch als Impulsgeber für die Offensive.

Wie weit ist Marco Reus?
Auch im Mittelfeld sind noch längst nicht alle Fragen geklärt. Die wichtigste: Neuzugang Marco Reus hat zuletzt zwar im DFB-Pokal geglänzt, aber was war diese Leistung gegen den Viertligisten FC Oberneuland im Hinblick auf die Liga wert? Beim ersten wirklichen Härtetest gegen den FC Bayern im Supercup lief die Partie eine Halbzeit lang komplett am Regisseur vorbei, so dass Klopp sich sogar bemüßigt sah, dem 17-Millionen-Mann im laufenden Spiel an der Seitenlinie die Geheimnisse des BVB-Fußballs einzutrichtern.

Erst im zweiten Durchgang, als Reus mehr auf die Außen wechselte, spielte der „Fußballer des Jahres“ prima. Ganz normale Anpassungsprobleme, die es aber noch in den Griff zu kriegen gilt. Damit Timo Konietzkas Erben auf den Tag 49 Jahre nach dem allerersten Tor der Bundesliga-Geschichte auch den schnellsten Treffer der Jubiläumssaison schießen.

Wundertüte Werder
Außerdem ist Gegner Bremen äußerst schwer einzuschätzen. Beim Liga-Total-Cup in der Vorbereitung hat Werder mehr Probleme bereitet, als es den Westfalen lieb gewesen sein dürfte. Mit etwas Glück hätte das Team von Trainer Thomas Schaaf gegen die allerdings bunt durcheinander gewürfelte BVB-Elf schon nach 15 Minuten 3:0 führen können. Andererseits hat sich Werder erst am vergangenen Sonntag gründlich blamiert und ist gegen Preußen Münster nach schweren 120 Minuten aus dem Pokal geflogen.

Auch ohne den in letzter Sekunde verpflichteten Joseph Akpala vom FC Brügge, für den der Saisonauftakt noch zu früh kommt, stellt Bremens neue Truppe ein Rätsel dar, das es zu entschlüsseln gilt. „Wir haben nicht alle Möglichkeiten durchgespielt, wie wir gegen Werder antreten könnten. Das wäre zu schwierig gewesen“, gibt Klopp gerne zu. „Am Start müssen alle mit Unwägbarkeiten leben.“

Klopp bekommt nie genug
Daher setzt der BVB lieber auf Konstanten. Eine davon ist ungebremste Streben nach immer weiteren Siegen, das die Dortmunder in der vergangenen Saison bis zur Bestmarke von 81 Punkten trieb, obwohl die Meisterschaft längst entschieden war. „Es gelingt nur wenigen Menschen, ihre Gier zu behalten“, gibt Antreiber Klopp gerne zu, macht sich deswegen aber keine Sorgen: „Die Mannschaft hat Glück, dass ich nie genug bekomme. Ich werde bedingungslose Bereitschaft und Willen weiter einfordern.“

Diesen Artikel mit Freunden teilen?

    Kommentar verfassen