Fettes Intro für die schwarz-gelbe Mauritius


Borussia Dortmunds trendiger Ausrüster dreht bei der Präsentation des neuen Trikots mächtig die Regler auf – und rennt in Sachen Coolness doch hinterher.

Einige tausend Dortmunder auf dem pickepacke vollen Alten Markt in der City staunten nicht schlecht: Auf vier Hebebühnen machten sich zehn Graffiti-Künstler unter fetten Beats daran, so schnell es geht einen sechs Meter hohen, weißen Torso in das neue BVB-Heiligtum zu verwandeln: das Trikot für die Saison 2012/13. Als die Künstler ihr Werk vollendet hatten, stürmte die aktuelle Mannschaft auf die Bühne. Frisch eingepackt in die neue Arbeitskleidung ließ sich der Double-Sieger von der Masse feiern. Ein Saisonstart der etwas anderen Art, und ein Start in eine lukrative Ehe mit dem neuen Ausrüster.


Foto-Show vom Alten Markt

Dortmund kann einpacken – Christo lässt grüßen
„Wir wollen die Dortmunder Fans emotionalisieren“, hatte Puma-Chef Franz Koch kurz zuvor im Westfälischen Industrieklub gesagt, nur wenige Meter vom übergroßen Trikot entfernt. Dazu zog die Trendmarke aus Herzogenaurach alle Register: Neben der Graffiti noch Feuerwerk, ein Fesselballon in BVB-Farben, und die Enthüllung eines gigantischen Bildes von Neuzugang Marco Reus – musikalisch unterlegt mit „Also sprach Zarathustra“, um den Augenblick noch dramatischer zu machen. Dazu hatten in der Nacht zuvor fleißige Helfer die Innenstadt mit 3000 schwarz-gelben Überziehern geschmückt: Mülleimer, Litfaßsäulen, Kunstwerke, Bäume, Straßenpoller – einfach alles wurde in einer Guerilla-Aktion umhüllt, als hätte der Trikothersteller den weltbekannten Verpackungskünstler Christo ans Werk geschickt. Man will sich ja nicht lumpen lassen.

Weidenfeller lernt Stricken
Dabei hätten für die Fans schon die Titelverteidiger auf dem Laufsteg ausgereicht, um Euphorie für die neue Saison loszutreten. BVB-Anhänger emotionalisieren – genauso gut könnte man einen Durstigen zum Trinken anhalten wollen! Diese Lektion müssen die Raubkatzen aus Süddeutschland wohl noch lernen. Auch deren Marketingprofis brauchen wohl noch ein bisschen Nachhilfe. Denn die sonst so stylischen Modemacher warteten vor ausgewählten Gästen im Industrieklub mit einer eher mäßig witzigen Facebook-Kampagne auf, in der Torwart Roman Weidenfeller das Stricken lernt. Die Marken-Kampagne – „Echte Liebe ist gelb“ – ist zudem lediglich eine Weiterentwicklung des bereits lange gebräuchlichen und erfolreichen BVB-Mottos „Echte Liebe“.

Hat Platini mal selbst Sport gemacht?
Vielleicht können sie ja gleich bei Jürgen Klopp und Hans-Joachim Watzke in die Schule gehen. Denn der Trainer und der Chef des BVB waren bei der Präsentation weit voraus, was Lässigkeit angeht. Beide schüttelte lockere Sprüche nur so aus dem Ärmel. So bewies der braun gebrannte Klopp nach drei Wochen Show-Pause gleich wieder Entertainer-Qualitäten und machte sich über die Leibesfülle von UEFA-Präsident Michel Platini lustig, als es um die Strapazen der heutigen Spielergeneration ging. „Bei ihm sieht man ja nicht mehr, ob er früher mal selbst Sport gemacht hat.“ Auch der Liga-Konkurrent FC Bayern bekam gleich sein Fett weg nach der überraschenden Verpflichtung eines neuen Sportdirektors. „Matthias Sammer sagt, München wird sofort erfolgreich sein. Platz eins ist also weg. Dann wir kümmern uns eben um den Rest.“

“Adidas – das steht doch für Schalke”
Watzke wiederum erläuterte genüsslich, dass der BVB gerne früher beim neuen Ausrüster untergekommen wäre. „Diese Idee hatte ich schon vor Jahren. Aber da waren wir noch nicht hübsch genug,“, sagte der Geschäftsführer in Anspielung auf die lange Zeit prekäre finanzielle und sportliche Situation des Traditionsvereins. Dass es nun doch noch geklappt hat mit Puma, findet Watzke auch aus einem anderen naheliegenden Grund prima, mit dem sich bei den Fans leicht punkten lässt: „Adidas – das steht doch für Schalke.“ Nach Veltins verabschiedet sich vermutlich der zweite beliebte Markenartikel aus schwarz-gelben Haushalten.

Mit Schwarz-Gelb lässt sich Geld verdienen
So gesehen hat der neue Trikotpartner ein Alleinstellungsmerkmal im Ruhrpott – und fast in der ganzen Bundesliga. Denn neben dem BVB rüstet die Marke unter den deutschen Elite-Teams nur noch die TSG Hoffenheim, Fortuna Düsseldorf und den VfB Stuttgart aus, sowie einzelne Spieler wie Marco Reus oder Mario Gomez. Der üppige Achtjahresvertrag mit dem Meister, der Borussia geschätzte 50 Millionen Euro einbringt, soll für Puma zum Sprungbrett werden, um in der Liga wieder Fuss zu fassen. Das Unternehmen hat sich kurzerhand im 6. Stock der BVB-Geschäftsstelle eingebucht und dort einen “Showroom” für Geschäftskunden eingerichtet. Natürlich erhofft sich Puma auch internationale Aufmerksamkeit, durch die Auftritte der Dortmunder in der Champions League. Dass sich mit den Schwarz-Gelben unglaublich viele Trikots verkaufen lassen – über 230.000 sollen es in der abgelaufenen Saison gewesen sein – ist mehr als ein angenehmer Nebeneffekt.

Die schräge Nummer mit dem zweiten Stern
Das neue Trikot sollte einem Erfolg jedenfalls nicht im Weg stehen, schon unmittelbar nach der Präsentation bildete sich vorm Fan-Shop am Alten Markt eine stattliche Schlange. Das Trikot ist sehr schlicht gehalten und bietet außer bei den gewöhnungsbedürftigen Rückennummern wenig Anlass zur Kritik. Selbst der schiefe zweite Stern, der in aller Eile asymetrisch angebracht werden musste, weil die Produzenten nicht mit dem erneuten Gewinn des Meistertitels gerechnet hatten, könnte das neue Shirt eher noch begehrter machen: Denn spätestens 2013 wird sie wieder gerade gerückt, die schwarz-gelbe Mauritius, und im Sammlerwert steigen.

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