Borussia Dortmund wehrt sich gegen das drohende Debakel bei Real Madrid und sucht das Positive in der nächsten Pleite.
(Dieser Artikel lief am 7.12.2017 bei zdfsport.de)
Vorwärts verteidigen – wenn es die Spieler von Borussia Dortmund schon nicht schaffen, dann muss eben der Chef ran. “Wir haben wieder Fußball gespielt. Vielleicht war heute sogar mehr drin”, sagte Trainer Peter Bosz nach der 2:3-Niederlage seines Teams in der Champions League bei Real Madrid.
Sang- und klanglos nach der Vorrunde raus, dazu die Sieglos-Serie in Königsklasse und Bundesliga auf elf Partien verlängert – eigentlich kein Nährboden für Optimismus. Aber komplett daneben lag der umstrittene Coach auch nicht.
Mittelfeld konnte Lücken nicht schließen
“Es war ein katastrophaler Beginn, aber danach haben wir uns Chancen erarbeitet”, sagte Mittelfeldspieler Nuri Sahin und konkretisierte die Worte des Trainers etwas. Es hatte ein Debakel gedroht, als Borja Mayoral und Cristiano Ronaldo mit ihren Toren in der 8. und 12. Minute die jüngst so typischen Unzulänglichkeiten der BVB-Defensive früh bloß legten. Die gegen den Ball zur Fünferkette mutierende Abwehrreihe wirkte überfordert. Vor allem Marc Bartra auf Rechts hatte größte Probleme im Duell mit Superstar Ronaldo. Auch Sahin und Mo Dahoud im defensiven Mittelfeld konnten die vielen Lücken nicht schließen.
Zum Glück für die wankende Borussia verlor der Titelverteidiger schon Mitte der ersten Hälfte das Interesse, die Gäste weiter zu demütigen. Für Madrids bessere B-Elf, bei der Toni Kroos nicht mal auf der Bank saß und Stars wie Luka Modric, Karim Benzema oder Marcelo geschont wurden, wäre das ein Leichtes gewesen. Erst in den letzten 15 Minuten raffte sich Real wieder auf und kam erneut zu Chancen am Fließband. So hätte Ronaldo seine Bilanz von bereits neun Toren in der laufenden Saison der Champions League und 114 insgesamt in der Königsklasse deutlich ausbauen müssen. Mit dem dritten Madrid-Treffer durch Lucas Vazquez kurz vor Schluss war der BVB jedenfalls sehr gut bedient.
Gegen Werder muss unbedingt ein Sieg her
Zwischenzeitlich durften sich die lautstarken Fans von Schwarz-Gelb im altehrwürdigen Estadio Santiago Bernabeu aber darüber freuen, dass ihr Team wieder ran kam. Der BVB nutzte Luft und die Räume, die Real plötzlich ließ. Erst für vorsichtige Entlastungsangriffe. Rund um die Halbzeitpause dann sogar für zwei Tore durch Pierre-Emerick Aubameyang. Und mehr noch: für kleine Erfolgserlebnisse, die Mut machen könnten für eine Wende in der Bundesliga. Am Samstag gegen Werder Bremen muss unbedingt ein Sieg her und die schwarze Serie gestoppt werden. Ein Platz unter den Top Vier bleibt das große Saisonziel.
Nach dem frühen Rückschlag hat der BVB gegen Real Reaktion gezeigt, wenn auch mit gnädiger Mithilfe der Spanier. Bei Torjäger Aubameyang kommt die Körpersprache zurück, beim zweiten Treffer traute er sich einen Lupfer zu gegen Torwart Keylor Navas. Christian Pulisic schien zuletzt auf das Niveau der Kollegen herabzufallen, in Madrid zeigte er starke Dribblings und hatte Pech mit einem nicht gegebenen Elfmeter. Shinji Kagawa, per Hacke mit am 2:2 beteiligt und noch mit einer Großchance zum 3:3, deutete an, dass der kreative Tiefschlaf beim BVB vielleicht mal ein Ende hat. In der Defensive bewies Kämpfer Neven Subotic, wie spielerische Defizite zu überwinden sind. Und der zuletzt oft kritisierte Marcel Schmelzer bereitete den ersten BVB-Treffer wunderbar vor.
Außerdem kann sich das fragile Gebilde Borussia trotz einer verheerenden Vorrunde in der Champions League weiter internationale Ziele setzen. Am Montag wird in Nyon die Runde der letzten 32 der Europa League ausgelost. Dann dürfte vergessen sein, dass Dortmunds Minimalisten diesen Trostpreis mit historisch schlechter Ausbeute holten und nur dank der weniger schlechten Tordifferenz gegenüber Zyperns Fußballzwerg APOEL Nikosia. Der BVB scheint es jedenfalls richtig einzuordnen. Sahin sagt: “Wenn man mit zwei Punkten in die Europa League einzieht, ist das ein Geschenk. Im nächsten Jahr müssen wir ein anderes Gesicht zeigen.”